Folgender Text entstammt der Seite http://der-reisende.org:
Jens Sundheim reist. Von Webcam zu Webcam, seit 15 Jahren, zu 650 Orten in 18 Ländern. Bisher.
Seit 2001 sucht er Orte auf, an denen Webcams automatisiert Bilder produzieren und ins Netz übertragen. Dort angekommen, erfolgt ein performativer Auftritt: in der Rolle des „Reisenden“ stellt er sich, in stets in gleicher Pose und wiedererkennbarer Kleidung, in den Bildraum der Kamera. Und schaut zurück.
Von der Kamera erfasst, beginnt eine zweite, virtuelle Reise: In Bits zerlegt, überwindet Der Reisende Zeit und Raum, erreicht jedes vernetzte Gerät rund um den Globus im nahezu gleichen Augenblick.
Ein Fotograf nimmt das Bild via Internet auf: er speichert das übertragene Bild, bevor es vom nachfolgenden überschrieben wird, und verloren geht.
Neben vielen anderen Orten führte die Arbeit am Projekt zur legendären Kaffeemaschine, auf die die erste Webcam der Welt zeigte, in den Kontrollraum der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA, zu einem Riesenkaktus in Bochum, in zahllose Vorgärten und Hinterhöfe, und in die Zelle einer New Yorker Polizeiwache – verhaftet wegen seltsamen Betragens.
Eine Vielzahl Fragen lassen sich zu diesen Bildwelten stellen. Wer macht sie, und warum? Was zeigen sie? Sieht sie jemand an? Braucht sie jemand? Verändert die Anwesenheit der Kamera einen Ort? Oder lässt sie ihn vielleicht erst entstehen?
Neben Fragen zum fotografischen Bild selbst berührt das Projekt eine Vielzahl von Themen: Grenzen von öffentlichem und privatem Raum, Reisen und die Frage nach „Sehenswertem“, Autorenschaft. Es untersucht globale Bildverbreitung zwischen Irrelevanz, Freizeitvergnügen, Information und Überwachung, und die damit einhergehende Ästhetik.
Gegründet wurde das Projekt von Sascha Büttner, Bernhard Reuss und Jens Sundheim.
Ende 2000 saß FfK im Wohnzimmer ihres Mentors Klaus Detke und tat das, was getan werden musste: Bier vernichten. Im Laufe des späten Abends hänselte Büttner den Freund Reuss damit, dass er immer noch seine schweren, alten Analog-Kameras durch die Gegend schleppe wie ein alter Lastesel. Wozu, fragte er, diese Plackerei? Es gäbe doch überall Webcams. Wie einfach sei es doch von seinem Rechner aus diese Orte aufzusuchen und via Webcam ein Foto zu machen. Reuss nahm den Gedanken auf und setzte ihn mit Sundheim um. Dieser wurde gegen seinen Willen Mitglied von FfK (temporär). Anfang 2001 wurde das Projekt dann als Webblog aufgesetzt. Ein Höhepunkt stellt die Verhaftung von Sundheim dar: Am 09. September 2002 wurde er von besorgten Cops aus dem Verkehr gezogen (temporär). Büttner dokumentierte dies in 89 Fotografien.
Im Laufe der Jahre zog sich Büttner aus dem Projekt zurück. Mittlerweile führt das Projekt Sundheim alleine weiter.
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